Pensionskassenreform - aktuelle Entwicklungen
Informationen aktualisiert am 20.03.2023, Quellen: NZZ, SRF, Parlament.ch, UBS, Internet
Die Reform der beruflichen Vorsorge nimmt Form an. Aber weshalb besteht überhaupt Handlungsbedarf?
Wir werden immer älter!
Am schwersten wiegt wohl die Tatsache, dass wir deutlich älter werden (dürfen), als dies der Gesetzgeber vor rund 30 Jahren angenommen hatte. Das aktuell zwar steigende – aber historisch nach wie vor tiefe Zinsniveau trägt ebenfalls dazu bei, dass die Finanzierung der Altersrenten schwierig bleibt.
Der Umwandlungssatz
Aktuell gilt auf dem obligatorisch angesparten Alterskapital ein Umwandlungssatz von 6.8%. Dieser bestimmt, mit welchem Satz das angesparte Vermögen in einen jährlichen Rentenanspruch umgewandelt werden muss.
Konkret: Kapital * Umwandlungssatz = Jahresrente
Eine einfache Rechnung der Grossbank UBS veranschaulicht den Einfluss der gestiegenen Lebenserwartung auf den Umwandlungssatz:
Ein Altersguthaben von CHF 100'000 würde demnach eine Jahresrente von CHF 6'800 ergeben. Dividiert man dann beispielsweise diesen Betrag von CHF 100 000 durch CHF 6’800, so zeigt sich, dass das Kapital für 14,7 Jahre Rentenzahlungen reicht (ohne Berücksichtigung der Verzinsung). Die derzeitige Lebenserwartung der Schweizerinnen und Schweizer liegt aber deutlich darüber. Im Jahr 2021 betrug die restliche Lebenserwartung für einen 65-jährigen Mann 19,9 Jahre, für eine 65-jährige Frau sogar 22,7 Jahre.
Fazit: Im Durschnitt sind die Alterskapitalien stand heute nach rund 15 Rentenjahren aufgebraucht (vereinfacht ohne Zins gerechnet). Die weiteren Jahre sind nicht mit Kapital gedeckt. Die Pensionskasse muss aber dennoch eine lebenslange Rente garantieren. Das bezahlt dann die aktuell jüngere Generation mit.
Die folgenden Ziele sollen mit der Reform erreicht werden:
1. Der BVG Umwandlungssatz soll sinken (siehe Bemerkungen oben)
2. Kompensationen für Übergangsgeneration
3. Teilzeitbeschäftigte sollen besser versichert werden (Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug)
4. Pensionskassenbeiträge für ältere Mitarbeitende sollen sinken
1. Senkung des Umwandlungssatzes auf 6%
Der Satz von 6,8 Prozent ist deutlich zu hoch; der korrekte Wert, damit das angesparte Kapital bis ans Lebensende ausreicht, liegt gemäss Experten in der Grössenordnung von 5 Prozent. Im Rahmen des BVG muss deshalb heutzutage das Altersguthaben für jeden Neurentner um über einen Drittel aufgestockt werden. Pro 100'000 Franken Altersguthaben müssen somit mindestens 33'300 Franken zusätzlich bereitgestellt werden, um die Altersrente von 6'800 Franken zu finanzieren.
Mit einem Umwandlungssatz von 6% würde die Situation etwas entschärft – aber nicht ganz gelöst werden.
2. Kompensation für Übergangsgeneration
Da die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes Rentenkürzungen mit sich bringen würde, sieht die Reform «Kompensationen» vor. Die 15 Jahrgänge der sogenannten Übergangsgeneration – also die Versicherten, die nach Inkrafttreten der Reform 50 bis 64 Jahre alt sind – sollen lebenslang einen Zuschlag auf ihre Renten aus den Pensionskassen bekommen, dieser soll bei bis zu CHF 2'400 pro Jahr liegen und ist abhängig vom angesparten Vorsorgeguthaben.
Den vollen Zuschlag auf die Rente soll erhalten, wer bei der Pensionierung ein Altersguthaben von CHF 215'100oder weniger hat. Bei Altersguthaben zwischen CHF 215'100 und CHF 430'200 soll der Zuschlag degressiv ausgestaltet sein. Versicherte mit noch höheren Altersguthaben aus der Pensionskasse sollen keine Kompensation erhalten.
Finanziert werden diese Zuschüsse für die Übergangsgeneration (geschätzt mehr als CHF 11 Milliarden) indirekt durch die noch Erwerbstätigen (durch Auflösen von Rückstellungen bei Pensionskassen bis hin zu allfälligen Zusatzbeiträgen).
3. Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug: Teilzeitbeschäftigte sollen besser versichert werden
Heute sind erst Jahreslöhne ab einem Betrag von CHF 22'050 (pensionskassen)versicherungspflichtig. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer sogenannten Eintrittsschwelle (von eben den genannten CHF 22'050). Eine Senkung dieser Eintrittsschwelle hat zur Folge, dass auch tiefere Einkommen einer Pensionskassenpflicht unterstehen. Es wurde entschieden, die Eintrittsschwelle auf CHF 19'845 zu senken.
Wichtiger als die Eintrittsschwelle ist ohnehin die Höhe des Koordinationsabzuges. Zurzeit sind die ersten CHF 25’725 des Jahreslohns nicht in der beruflichen Vorsorge versichert. Dabei geht es auch um die «Koordination» mit der AHV, die diesen Betrag bereits abgedeckt hat. Insbesondere bei sehr niedrigen Löhnen wirkt sich dieser Koordinationsabzug sehr dramatisch aus.
Rechenbeispiel: Rebecca Meier, Alter 30, Pensum 30%, Jahreslohn CHF 29’500:
Jahreslohn CHF 29’500
./. Abzüglich Koordinationsabzug von CHF 25’725
= Ergibt versicherten Lohn von lediglich CHF 3’775
Die Reduktion des Koordinationsabzuges wird den versicherten Lohn von Rebecca Meier deutlich erhöhen.
Nationalrat und Ständerat haben sich darauf geeinigt, dass es nach der Reform keinen fixen Koordinationsabzug mehr geben soll. Vielmehr sollen neu stets 80 Prozent von Jahreseinkommen bis CHF 88'200 obligatorisch versichert sein. Von einem Jahressalär von beispielsweise CHF 60 000 wären neu also CHF 48 000 versichert – bis jetzt sind es nach Subtraktion des Koordinationsabzugs CHF 34'275. Bei niedrigeren Löhnen wird sich die Änderung proportional noch stärker auswirken.
4. Pensionskassenbeiträge für ältere Mitarbeitende sollen sinken
Das Altersguthaben in der beruflichen Vorsorge bildet sich aus den jährlichen Altersgutschriften, also Lohnbeiträgen. Derzeit gibt es vier verschiedene Stufen zwischen 7 und 18 Prozent. Konkret sparen versicherte Arbeitnehmende heute wie folgt für die Altersvorsorge (Gesamtbeitrag Arbeitnehmer/in und Arbeitgeberin):
- Ab Alter 25: 7% des versicherten Lohnes
- Ab Alter 35: 10% des versicherten Lohnes
- Ab Alter 45: 15% des versicherten Lohnes
- Ab Alter 55: 18% des versicherten Lohnes
Die BVG-Reform sieht nun statt vier neu nur noch zwei Stufen vor: Im Alter von 25 bis 44 Jahren soll der Lohnabzug 9 Prozent betragen, im Alter von 45 bis 65 Jahren sollen es 14 Prozent sein. Die tieferen Altersgutschriften für ältere Erwerbstätige sollen diese auf dem Arbeitsmarkt attraktiver machen, da sie so Unternehmen nicht mehr so viel höhere Lohnnebenkosten verursachen als jüngere.